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Früh Gewitter und Regen, später sehr aufgelockert und sonnig, aber immer Wolken. Oft Wind aus Nordwest.

  • 16°C (05:00)/ (41°C) / 26,6 °C (20:07)
  • regnerischer Morgen - Blick Richtung Piskove
    regnerischer Morgen

  • vmax=45,4 vø=14,8
  • s=92,140 t=6:06:21
  • Gegen 04:00 wurde ich von Wetterleuchten nahe der Berge geweckt - mir war es gleichgültig. Dann fielen die ersten Regentropfen und ich legte seufzend einen Schnellstart hin, da ich das Tarp nicht aufgespannt hatte. Dann hörte der Regen wieder auf, so dass ich ordentlich packen konnte. Nun setzte ordentlicher Regen ein und ich konnte losfahren. Toll. Erst fuhr ich ein Stück Richtung Permët, weil ich mich an ein Bushäuschen am nächsten Abzweig erinnerte. Es bestand aber nur aus drei Sitzen und einem Dach, das diese Bezeichnung nicht verdiente. Also kehrte ich um und fuhr Richtung Këlcyra. Nach einigen Kilometern verkroch ich mich in einer niedrigen offenen, jetzt vermutlich als Stall genutzten Garage und döste noch etwas vor mich hin.

    Ziegenherde vor Trebeshina-Bergen
    Ziegenherde vor Trebeshina-Bergen

    Später rappelte ich mich auf und fuhr weiter die Straße zurück, die ich schon vor zwei Tagen unter den Reifen gehabt hatte. In Këlcyra hob ich an einem Automat Geld ab und kaufte Limo und Fabrikkuchen. Dann ging es gemäß der World-Mapping-Project-Karte auf einer "Hauptstraße" weiter Richtung Berat, meinem neuen Fernziel. Laut OMTB-Karte (aus OpenStreetMap-Daten war ich auf einem Track - einer Dirtroad unterwegs. Der Asphalt war recht gut, stellenweise gab es aber meterlange Löcher. Es waren viele Fußgänger unterwegs, auch Esel- und Maultierreiter - alle im "Damensitz". Auch waren Personen beiderlei Geschlechts im Alter von zwölf bis siebzig mit kleinen Herden von Schafen, Ziegen oder Kühen auf den Straßen und Weiden zu sehen.

    Dorf Sukë - Bauernhof
    Dorf Sukë - Bauernhof

    Auf einem kleinen Hügel rechts der Straße sah ich eine Ruine und wollte sie mir näher ansehen. Kaum war ich in dem Dorf angekommen, schüttelte mir ein alter Mann die Hand und umarmte mich. In dem Dorf gab es keine befestigten Wege. Die Ruine entpuppte sich als verfallenes Bauwerk jüngeren Datums, dabei befand sich eine intakte Kapelle und ein Backofen.

    Die asphaltierte Hauptstraße wurde nach dem Dorf Ballaban endgültig zu einer Dirtroad - also hatte die OSM-Karte Recht behalten... In Gedenken an den gestrigen Tag kehrte ich wieder um.

    löchrige Hängebrücke bei Tepelenë, mit freundlicher Erlaubnis von Zlatko Brajdic
    löchrige Hängebrücke bei Tepelenë, mit freundlicher Erlaubnis von Zlatko Brajdic

    Das Städtchen Këlcyra durchquerte ich nun zum dritten Mal. Später folgte ich nicht dem Verlauf der vor zwei Tagen befahrenen Strecke, sondern nahm einen nördlich der Vlora verlaufenden Feldweg, der eine kürzere Strecke Richtung Tepelena versprach. Als ich aber an der die Vlora querenden Hängebrücke ankam, wurde mein Gesicht so lang wie die Brücke: sie war kreuz und quer geflickt mit Material, wie es wohl gerade zur Hand war: Neben ein paar stabile Planken war eine Holzpalette genagelt, daneben angekohltes Treibgut aus der Vlora, dazwischen viele Lücken.

    Fahren stand nicht zur Debatte, Schieben schien bereits riskant genug. Zwei Männer, die mit anderen Leuten am Kopf der Brücke schwatzten, redeten mir zu. Ich nahm das Gepäck vom Rad; Ersteres trugen mir die Männer über die Brücke, Letzteres nahm ich selbst. Nach einer scheinbaren Ewigkeit langten wir am anderen Ufer an. Da die Männer mich teils erwartungsvoll ansahen, gab ich außer einem Händedruck einen hoffentlich angemessenen Obolus. Vor Aufregung vergaß ich leider, die Brücke zu fotografieren. Als ich daheim die Reise nachrecherchierte, fand ich ein Bild der Brücke von Zlatko Brajdic, dessen Benutzung er mir freundlicherweise erlaubte. Allerdings ist das Foto älteren Datums und zeigt die Brücke in relativ gutem Zustand.

    Nach einer ersten kurzen Strecke auf der Straße SH4 und insgesamt 60 km machte ich in Tepelena an einer beschatteten Friedhofsmauer Mittag. Dass ich bei dieser Rast meine Papierkarte liegen ließ, bemerkte ich zu spät. Bei der Zuverlässigkeit der Karte war der Verlust aber eher gering. Während der Pause konnte ich beobachten, wie eine Frau per Taxi zum Friedhof chauffiert wurde. Nachdem sie am Grab angekommen war, begann sie lauthals zu klagen.

    Straßenbau SH4
    Straßenbau SH4

    Wieder auf der SH4 unterwegs, kaufte ich am Nachmittag bei einem Straßenhändler Weinbeeren, einen Pfirsich und ein paar Birnen. Gleich vor Ort wollte ich rasten und einen Teil des Obstes verzehren. Gerade war ich dabei, mich auf die herumliegende Hutablage eines Autos setzen, da bot mir der Obstverkäufer seinen Stuhl an.

    Die Straße war auf langen Abschnitten eine Baustelle bei fließendem Verkehr und führte zusätzlich auf und ab durch Hügel. Nach einer Rast nutzte ich die Chance, mich hinter einen LKW mit Schotterladung zu klemmen. Anfangs fuhr ich nur im Windschatten, später ließ ich mich ziehen. Das verlangte einiges an Konzentration, Kraft und Koordinationsfähigkeit. Dank des fehlenden Fahrtwindes hatte ich keine Kühlung, so dass ich bald in Schweiß gebadet war. Wegen der schweißnassen Hand hatte ich Probleme, mit dem Drehgriff die Gänge zu wechseln. Nachdem der LKW an seiner Baustelle angekommen war, verschnaufte ich erstmal gründlich. Dann ging es weiter auf der Schotterpiste. Überholende und entgegenkommende Fahrzeuge zogen lange Staubfahnen hinter sich her, die mir der Seitenwind ins Gesicht blies.

    Irgendwann hatte ich von dem Geholper und dem Dreck die Nase voll. Ich setzte mich vor ein verlassenes, verschlossenes Haus und mampfte eine Tüte geschmackloser Kekse leer, die zudem so staubig wie die Straße waren... Ich spielte mit dem Gedanken, in dem Haus zu übernachten. Aber so dicht an der Straße hätte ich die ganze Zeit den Schmutz und Lärm - und als Schmankerl am Morgen die selbe Schotterpiste. Also raffte ich mich auf und kämpfte weiter gegen Staub und Schotter.

    Lager an Stausee mit Aussicht auf wolkengekrönte Gebirge Maja e Këndrevicës und Gribë
    Lager am Stausee

    An einer Steigung sah ich zur Rechten einen kleinen Stausee. Mein wohlverdienter, dazu malerisch gelegener Schlafplatz! Heute baute ich zum ersten Mal das Tarp auf, danach genoss ich die Wäsche und das Bad im Wasser. Gegenüber standen Häuser, die üblichen Geräusche eines Dorfes klangen herüber.

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