vereinzelte Wolken, warm
Um sechs Uhr war ich munter. Ich machte eine Katzenwäsche, packte und nahm von Richard Abschied. Er konnte mich nicht zum Skiti Agia Anna begleiten. Wegen seiner dünnen Schuhsohlen hatte er dicke Füße bekommen und konnte nur unter Schmerzen laufen. Er würde gleich von hier das Boot nach Ouranoupolis nehmen. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie er es zum Hafen hinunter geschafft hat... Er gab mir noch einen leeren Plastikbeutel für den Teil meines Gepäcks, das ich in Agia Anna zurücklassen wollte, um es nicht auf den Gipfel schleppen zu müssen. Halb sieben brach ich in Nea Skiti ohne Frühstück auf.
Auf dem Weg nach Agia Anna war ein Wanderer vor mir unterwegs. Er hatte einen Stock geschultert, an dem ein schwarzer Plastikbeutel hing. Einmal machte er Rast in einem Torbogen, brach aber auf, bevor ich ihn erreichte. Kurz vor Agia Anna drehte er sich kurz nach mir um und verschwand dann auf einem schmalen Pfad.
In Agia Anna wurde ich gleich willkommen geheißen und mit Schnaps, Süßigkeiten, Kaffee und Wasser bewirtet. Wie geplant konnte ich einen Teil meiner Sachen dalassen. Ein Mönch meinte, um den Berg zu ersteigen hätte ich früh losgehen sollen. Aber wenn ich nicht zum Abendessen gegen fünf Uhr abends da sei, wisse man von mir und könne notfalls entsprechende Schritte einleiten... Ein junger Mann, der nach einem Unfall vorübergehend an einer Krücke gehen musste bedauerte, dass er mich nicht begleiten konnte. 07:45 ging ich los.
Da ich verschiedene Vegetationszonen durchquerte, gab es eine abwechslungsreiche und vielfältige Flora und Fauna zu bewundern - und natürlich großartige Aussichten. Oft blieb ich stehen, um das Panorama, Steine oder Pflanzen zu betrachten. Oberhalb der Baumgrenze wurde ich von vielen Fliegen verfolgt. In der Panagia füllte ich aus einem Brunnen mit Zieheimer meine Wasservorräte auf. Kurz danach traf ich die ersten Menschen seit Agia Anna - sie stiegen bereits ab.
Am Gipfelkreuz aß ich zu Mittag: Brot, Brötchen und eine Dose Thunfisch. Dabei genoss ich die Aussicht über die Halbinsel und versuchte, sie fotografisch festzuhalten. Außerdem teilte ich der Welt mit, dass ich den Berg gerade erklommen hatte.
Gleich unterhalb des Kreuzes stand eine halbfertige Kirche. Zwei junge Männer waren am Um-, Aufräumen und Putzen. Nach dem Essen gesellte ich mich zu ihnen und half ein klein wenig mit. Einer stammte aus Russland, der andere war Grieche. Die Kirche wurde neu errichtet, da die alte zu wenig Platz bot. 13:45 machte ich mich auf den Rückweg
Wieder in der Panagia traf ich ein paar eben angekommene Leute, die dort übernachten wollten. Einer war ziemlich gedankenlos und ließ zweimal die Tür offen stehen, die ich schloss. Beim dritten Mal sagte ich laut und deutlich, dass er doch bitte die Tür schließen möchte. (Vielleicht wollte er mehr Fliegen im Gebäude haben?) Er ließ auch den Trinkbecher im Brunneneimer schwimmen.
Der Rückweg verlief etwas schneller, auch nahm ich einige Abkürzungen. Halb fünf begegnete ich dreißig Wegminuten vor Agia Anna einem Russen mit umgehängter Ikone an einem vertrockneten Brunnen und gab ihm etwas Auskunft über den Weg. Zwei Kehren weiter traf ich eine Gruppe Russen, unter ihnen befand sich auch ein Teenager. Geführt wurden sie von einem Geistlichen, sie hatten alle Ikonen auf der Brust hängen. Auch sie erbaten Auskunft über die Entfernung und die vermutlich benötigte Zeit bis zur Panagia, in der sie übernachten wollten.
Ein wenig oberhalb des Skitis nahm ich das Risiko eines anderen Weges auf mich- und kam erfolgreich "hintenrum" ins Skiti. Ich traf ziemlich pünktlich zum Abendessen ein. Zuvor war ich (zum Ende eines Gottesdienstes) ins Katholikon gegangen und hatte für eine leichte Irritation ob meiner überraschenden Anwesenheit gesorgt.
Mit den anderen vermutlich nicht orthodoxen Besuchern wurde ich nun zum Abendbrot in den Speisesaal geführt. Es gab Reis, gefüllten Paprika, sauer Eingelegtes, frisches Obst, Gemüse und Wasser. Durch ein kurzes Abschlussgebet des begleitenden Mönches wurde die Mahlzeit nach etwa 20 Minuten beendet. Trotz des vorigen Tages hatte ich mich beim Essen auf den Geschmack statt auf das Tempo konzentriert und war dadurch leider etwas im Nachteil.
Dann bekam ich von zwei Polen die neben mir gesessen hatten, mein Bett für diese Nacht gezeigt; danach unterhielten wir uns. Zusammen mit ihrem Bruder, der als Geistlicher mit Frau und Kindern in Griechenland lebte, besuchten sie zum wiederholten Mal den Athos. Ein russischer, in Peru tätiger Arzt gehörte auch zu ihrer Gruppe.
Die Dusche in der öffentlichen Toilette war demontiert. Als ich etwas später einen Mönch nach einer Dusche fragte, sagte er: "There is no such device. (So etwas gibt es hier nicht.)" Im Badezimmer des polnisch-griechischen Geistlichen durfte ich die dort vorhandenen Reste der demontierten Dusche verwenden. Ich wusch mich und meine komplette Garderobe, darunter auch die lange Hose, die ich während der letzten drei Tage beim Wandern auf den staubigen Wegen getragen und vollgeschwitzt hatte.
In der feuchten Kleidung setzte ich mich nach draußen, um Tagebuch und Twitter schreiben. Von einem Mönch wurde ich aufgefordert, mit in die Kirche zu kommen und dem Gottesdienst beizuwohnen - ein großer Gegensatz zum Kloster Filotheos. Danach unterhielt ich mich noch lange mit den Polen und schrieb Tagebuch, zu Bett ging ich ~ gegen zehn.