Früh und abends war es wolkenlos, tagsüber leicht bis stärker bewölkt.
Den gestern genommenen und zur Kapelle führenden Weg verfolgte ich in die andere Richtung weiter; ich wollte in das auf der GPS-Karte zu sehende Dorf gelangen. Im morgendlichen Dunst weideten zwei Hirten ihre Tiere in größerer Entfernung, ihre Köter stellten mir nach. Durch Würfe mit Erdklumpen und Steinen konnte ich sie vertreiben.
Der Weg endete auf auf einer Wiese. Da in erreichbarer Weite und halbwegs richtiger Richtung ein weiterer Feldweg zu sehen war, gelangte ich querwaldein und über Ziegenpfade zu dem Weg. Dieser führte mich zu der Stelle, an der ich gestern den Asphalt in Richtung Kapelle verlassen hatte. Ein Bauer kam auf seinem Quad kam vorbei, als ich das zugewucherte Ortseingangsschild des Dorfes fotografierte und rief nach der gleich nebenan wohnenden Frau.
Während er wegfuhr, kam sie prompt. Sie war eine früher Zahnärztin in Thessaloniki, jetzt hier im Ruhestand. Sie fragte nach meinem Weg. Als ich ihr die Strecke auf dem Navigationsgerät zeigte, holte sie erstmal die Brille aus dem Haus, um etwas auf dem Gerät erkennen zu können. Dann erklärte sie mir umständlich den Weg, dann wollte sie eine weitere Möglichkeit schildern, was ich wie den angebotenen Kaffee höflich ablehnte. Ich wusste doch, wohin ich wollte. Zudem verstrich der kühle Morgen, an dem man doch am besten vorwärts kam... Schon manchmal hatte ich wie hier Leute getroffen, die sehr hilfsbereit sein wollten. Als Außenstehender bekam man den Eindruck, dass sie dies taten, um ihrem Leben einen Zweck zu verleihen.
Bis zur E20 ging es nun bergab, unterwegs sah ich zwei schöne alte Steinbrücken. Auf der Europastraße ging es ewig lang bergauf in den nördlichen Pindos. Die Steigung war erträglich, ich konnte die ganze Zeit im Sattel bleiben. Die Berge waren meist nur spärlich mit Nadelbäumen bewachsen. Während des Aufstiegs hatte ich einen Abstecher durch das schmucke Bergdorf Pentalofos gemacht. Am Brunnen der zentral und erhöht stehenden Kirche wusch ich mich und meine Kleidung. Am Fuß der zur Kirche führenden Treppe standen vor den Kafénions viele gut besetzte Tische im Freien - an Publikum mangelte es also nicht. Obwohl es Sonntag war, hatten Geschäfte geöffnet, so dass ich Getränke kaufen konnte.
Eine Stunde nach Mittag war der Scheitelpunkt der Straße auf 1400m erreicht. Seit dem Einbiegen auf die E20 heute morgen hatte ich 650 Höhenmeter erklommen. Jetzt aß ich wohlverdient zu Mittag. Der gesamte Parkplatz um das Picknick-Pavillon war mit Holzstapeln gefüllt. Während meines Aufenthaltes kamen mehrere mit Holz beladene Gruppen von Maultieren auf einem steilen Pfad aus dem Wald. In dem Pavillon lagen auch Sachen der Arbeiter. Beim Essen wurde ich von Fliegen belästigt.
Die Abfahrt war so lang und stetig wie der Aufstieg. Sie führte ins sehenswerte Tal des Sarantaporos. Das Flussbett war sehr breit und steinig, der Wasserlauf darin recht schmal. Die Vegetation der umgebenden Berge wurde teilweise noch spärlicher. Unterwegs füllte ich an einem Trogbrunnen die Wasserflaschen und wieder wurde ich von einigen Kraftfahrern gegrüßt.
Ein Stück weit kam ich mir vor wie im Lande Mordor: zu beiden Seiten der Straße dunkle Felsen, dunkle Steine, dunkles Geröll, dunkler Schotter. Zum Glück wurde die düster wirkende Umgebung aufgelockert durch etwas Grün hier und einige kleine Wasserfälle da. An einem Zusammenfluss war der Sarantaporos enorm breit. In dem trockenen Flussbett wirkten die Brücken wie gestrandete Wale. Manche waren aufgegeben, andere waren neben den Pfeilern oder Sockeln der Vorgänger errichtet.
Am Abzweig Richtung Plagia wurde die E20 als gesperrt be- und eine Umleitung ausgeschildert. Unsicher, ob ich der Dutzende Kilometer längeren Umleitung folgen sollte, richtete ich mich nach dem Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer. Da weiterhin Fahrzeuge in beide Richtungen fuhren, blieb ich auch auf der Straße. Ein paar Kilometer weiter sah ich den Grund: der Fluss hatte die Straße und den Untergrund stark unterspült. Die Straße war durch im Boden fest verankerte Leitplanken vollständig blockiert. Die Fahrzeuge hatten sich am dem Fluss abgewandten Rand der Straße einen Weg gebahnt. LKW nahmen eine unnatürliche Schräglage ein, kamen aber durch.
Später hatte ich - noch immer beim Talabwärtsfahren - frustrierend starken Gegenwind. Dieses Phänomen des Gegenwindes am frühen Nachmittag hatte ich bereits mehrfach beobachtet. Ob es durch ein Mikroklima in aufgeheizten Talkesseln entstand? Später am Abend (schon in Lager), wehte eine leichte Brise in die andere Richtung, dann war es windstill. Bis dahin haderte ich während der Pausen mit mir, warum ich nicht von Meteora über Ioannina gefahren war. Die Strecke wäre viel kürzer gewesen! (Aber dann hätte ich nicht auch erlebt, was ich erlebt hatte.) Als die E20 den Fluss querte, suchte ich an der Brücke und am Flussufer nach einem Lagerplatz. Zwar war ich nicht erfolgreich, dafür hüpfte ich nach ein paar Fotos spontan in das verführerisch klare Wasser.
Nach kurzer Weiterfahrt fand ich einen schönen Platz zum Übernachten. Ich richtete das Lager, und kümmerte mich (wieder einmal) um schleifende Bremsscheiben am Fahrrad. Dann genoss ich es, wieder einmal ausführlich waschen und baden zu können. Dazu musste ich eine ganze Strecke über trockenes Geröll balancieren, ehe ich das hier flach und breit fließende Wasser erreichte. Allerdings konnte ich nicht einmal untertauchen, wenn ich mich in den Fluss hineinlegte...
Anmerkung zur Schaltung: Seit Anfang an lässt sich die Rohloffnabe unter Last nicht vom 8. in den 7. Gang schalten. Wenn man das versucht, erklingt lautes Schleifen/Schnarren eines Zahnrades das auch anhält, wenn man wieder auf den 8. Gang zurückdreht. Manchmal wird auch nicht richtig geschaltet. Zum Beispiel sollte der 3. drin sein, der 4. ists aber noch, bis der dritte irgendwann reinhüpft - oder man nachhilft.