Früh war es wieder wolkenlos, später leicht bewölkt; abends bauschten sich nur über Bergspitzen ein paar Wolken. Es ging ein leichter Wind, teils auffrischend, meist aus Süd.
Ich war spät aufgewacht und losgefahren. Die Strecke war zwar ganz nett, aber das Fahren eher lala. Auf meinen rausgehaltenen Daumen reagierte beim fünften Versuch ein Bauer, der etwas Deutsch sprach. Auch er hatte in Deutschland gastgearbeitet. Mich nahm er 15 km nach Konitsa mit, wo er einen Arzt besuchen musste. Seine Hilfsbereitschaft ersparte mir etliche Höhenmeter, aber auch eine schöne Abfahrt. Zum Dank gab ich ihm ein laminiertes Ikonenbild, das ich in Nea Skiti bekommen hatte. Sehr beeindruckt schien er nicht. In der Stadt kaufte ich ein: 1 Sprite, 5 Bananen, 2 Aprikosen, 1 Knolle Knoblauch.
Nach nicht allzulanger Strecke folgte ich dem ersten Wegweiser
Gorge Vikos ->
und entdeckte ein schöne Steinbrücke. Da ich das Fahrrad nicht mitsamt Gepäck den schmalen Pfad ("Monotrail" laut Anavasi-Karte) durch die sicher malerische Schlucht flussaufwärts wuchten wollte, fuhr ich in Richtung Dorf Vikos los. In einem Restaurant ließ ich die Wasserflaschen auffüllen. Der Ober war entzückt von den Verschlüssen (von Adelholzener O2-Flaschen) und fragte, wo es die zu kaufen gibt. Außerhalb Deutschlands konnte ich ihm keine Quelle nennen.
Nach dem Studium einer detaillierten Karte einer Informationstafel entschied ich mich, den Aussichtspunkt Oxia bei Monodendri zu besuchen. Bis dahin waren es etwa 20 km. Danach wollte ich in die Schlucht hinein, um sie, dem Fluss folgend, wieder zu verlassen.
In Vitsa, dem Dorf vor Monodendri, aß ich zu Mittag. Von meiner Bank hatte ich einen schönen Blick auf den gegenüberliegende Hang mit Steinhäusern in den unterschiedlichsten Stadien des Verfalls. Auf einmal kippte ein Kleinbus eine Herde Touristen ab, die um mich herumschwärmten und Fotos von diesem Hang machten. In Monodendri kaufte ich eine Karte der Gegend im Maßstab 1:50.000 und drei Postkarten. Zu zahlen waren angemessene neun Euro.
Auf den letzten paar hundert Metern vor dem Aussichtspunkt kamen mir zwei Motorräder aus Italien entgegen, die mich bereits aufwärts überholt hatten. Der erste Fahrer zeigte den Daumen, der zweite ebenfalls und rief dazu Gratulationen. Der Fahrer eines entgegen kommenden PKW klatschte Beifall. Dann war die Straße zu Ende. Sie lief in einem kleinen Parkplatz aus, der meiner Freude nur spärlich belegt war: Ein Wohnmobil aus Frankreich, zwei PKW aus Griechenland (davon einer ein Mietwagen). Vielleicht lag der erfreuliche Touristenmangel an der relativ späten Stunde - gegen fünf Uhr abends war ich am Aussichtspunkt. Der Fußweg dahin war mit den hier vorkommenden Steinen gepflastert und insgesamt ein holprige Sache. Die Aussicht: grandios! An einer Ecke konnte man direkt an den Abgrund treten und paar hundert Meter nach unten schauen. Da man hier noch weiß, dass die Folgen der Schwerkraft unangenehm ausfallen können, wird zum Glück auf hässliche Warnschilder verzichtet.
Dann überlegte ich, was als Nächstes zu tun war. Laut der gekauften Karte war der Talgrund eher nicht beradelbar, vor allem nicht mit einem bepackten Reiserad. Neben der Karte verhalf mir ein Foto des Weges auf deren Rückseite zu dieser Schlussfolgerung. Ich könnte auch in einem der Dörfer an der Schlucht ohne Fahrrad absteigen, in der Schlucht zum nächsten Dorf wandern und von dort einen Bus zurück zum Ausgangsort nehmen, aber irgendwie gefiel mir die Idee nicht sonderlich. Für heute war es eh zu spät und an der Zeit, nach einem Schlafplatz zu suchen. Am liebsten direkt am Aussichtspunkt, da ich zum Sonnenaufgang die Schlucht gern noch einmal sehen mochte. In Monodendri wollte ich aber nicht übernachten. Ich konnte mir vorstellen, was ein Zimmer wohl kosten würde, zudem hatte ich keine Lust, ins Dorf hinunter- und morgen noch einmal heraufzufahren.
Leider war weder hier noch in der nahen Umgebung ein komfortabler Fleck zu finden. Ich irrte lange umher und ärgerte mich über eine trockene Wasserstelle, bis ich im Steinernen Wald auf einem der ebeneren Felsen das Lager aufschlug. Trotz Unterfütterung der Unebenheiten war es ziemlich unkomfortabel. Die Temperatur fiel stetig, 20:36 lag sie bei 16,8°C.
In Erwartung einer kalten Nacht zog ich nach der obligatorischen 2-Liter-Dusche an: Socken, KuFa-Slip, lange Baumwollunterhosen und lange Baumwollhosen. Am Oberkörper trug ich ein langärmliges KuFa-T-Shirt und das langärmlige Fleece. Dazu ein Schlauchtuch auf dem Kopf und eines um den Hals. Ich schien mich dem griechischen Klima anzupassen: leicht verschwitzt, lässt mich ein bisschen Wind bei 30°C frieren. Vermutlich war ich auch leicht erkältet, Schmerzen im Genick und der Nasenzustand ließen darauf schließen. Eine streunende Ziege kam mir ziemlich nahe. Ich befürchtete, dass ein nach ihr suchende Hirt mich entdecken könnte. Irgendwann war sie aber wieder verschwunden.