Tomorr, Partizani - Felsformationen
Sa, 23.08.2014
20,2 km
leicht bewölkt, in ausgesetzten Lagen windig
Der Aufstieg zum Çuka e Partizanit war weniger anstrengend als erwartet. Wohl eine Stunde lang wurde ich vom nervigen Gekläff eines Köters begleitet, der anscheinend irgendwo hockte und meinte, seine Herde vor mir schützen zu müssen. Zu sehen war von beiden nichts. Beim Aufstieg entdeckte ich eine Höhle – oder war es nur ein großes Loch? – voller Schnee. Man bedenke, es war Ende August! Mangels Ausrüstung traute ich mich nicht, es näher zu erkunden. In meiner Vorstellung sah ich mich den Schneehang hinunter rutschen und irgendwo steckenbleiben ohne Hoffnung, den glatten Hang wieder erklimmen zu können. Schade um die unerforschte Höhle, aber diesmal ging ich lieber auf Nummer Sicher.
Beim letzten Stück des Aufstiegs sah ich einen Mann vor mir, dem ich am Gipfel begegnete: Ein Albaner, der erst mit mir zusammen eine Weile stumm dasaß und die Aussicht genoss. Als ich erklärte, dass ich zum Schwestergipfel Maja e Tomorrit wandern wollte sagte er, dass er mich ein Stück begleiten werde, da "keq, keq rruga" (sehr, sehr schlechter Weg). Es war in der Tat etwas knifflige Kletterei dabei. Später stieg er nach Osten Richtung Dorf Romas ab. Ich bedankte mich mit zwei Päckchen Kaffee, bekam im Gegenzug gelb blühenden, intensiv duftenden Çaj Malit (Bergtee), den er schon früher gesammelt hatte. Den Geruch hatte ich schon an anderen Tagen wahrgenommen.
Ich ging dann eine Weile rechts des Grats, später links, geriet dabei etliche Meter und Höhenmeter abseits des Grats und der geplanten Route. Allerdings war der Grat auch nicht durchweg begehbar. Insgesamt gab es zwei eher schwierige Klettereinlagen. Vor der zweiten kam ich an einem Tauteich vorbei, den ich mehrmals fotografierte. Auch einen weit entfernten Waldbrand auf dem nächsten, parallel verlaufenden Gebirgszug lichtete ich öfter ab. Nach dieser zweiten Kletterei schon recht spät am Tag – gegen 15:00 – konnte ich am Grat bleiben. Endlich war der letzte Aufstieg zur Maja e Tomorrit überwunden, dann ging es zur Türbe. Von den vorsichtshalber 7,5 l mitgenommenen Wasser hatte ich nur ein Drittel benötigt.
Zeitlich hatte ich es geschafft, zur Zeit des Opferfestes anzukommen. Entsprechend war einiger Betrieb: Der Parkplatz war voll, es wurden Kerzen, Heiligenbilder, lebende und geschlachtete Schafe verkauft. Ich fotografierte natürlich dies und jenes und ging in der Türbe um das Grab. Fünfzig auf dem Çuka e Partizanit gefundene Lek und weitere 200 legte ich wie viele andere hier ab. Gern hätte ich noch ein Foto von außen ins Innere gemacht, aber eine übereifrige, mir bigott erscheinende Frau wollte ich nicht ablichten. Beim Verlassen der Türbe schlug sie 1-2 Kreuze. Interessant…
Dann trieb ich mich eine Weile auf dem Parkplatz herum, aber alle nach unten fahrenden Fahrzeuge waren voll besetzt. Mit Taxi Çuk konnte ich für 1000(!) Lek nach unten zur Tekke fahren. Eine Fahrt nach Çorovodë wäre in einer Stunde möglich, wurde mir gesagt. Ich ging derweil umher, fotografierte, aß und trank etwas an einem Imbissstand, wartete ab der vereinbarten Zeit 40 Minuten vergeblich. Schließlich schlug ich das Zelt neben dem Tekkengebäude auf, machte Katzenwäsche an der einzigen näheren, stark frequentierten und nach Schafsinnereien stinkenden Quelle.
Ich bemerkte, dass mir irgendwann in den letzten Tagen Geld (mehr als die Hälfte der Barschaft) und die Geldkarte aus dem Brustbeutel gestohlen worden war, den ich normalerweise im Deckel des Rucksacks aufhob. Per Handyanruf sperrte ich die Karte. Die anwesende Polizei konnte oder wollte mich nicht verstehen, einen großen Unterschied hätte das aber auch nicht gemacht. Der Plan für die nächsten Tage war: Çorovodë und vor allem die Pirogoshi-Höhle besuchen – diesmal mit Licht im Gegensatz zu letztem Jahr, Berat, Geldnachschub in Tirana bei der Deutschen Botschaft – hoffentlich.
Ich machte noch einen Spaziergang, einen Nachschub an Croissaints und Keksen zu kaufen, später ein drittes Mal, um Fotos von Fest- und Tekkengelände und dem fernen Waldbrand zu machen. Die Gräber einiger Derwische und Hoxhas besichtigte ich kurz.
An einem Imbissstand mit Sitzgelegenheit genoss ich Raki, Chips und ein Bier. Mit einer jungen Frau konnte ich mich auf englisch unterhalten. Themen waren unter anderem die Gesinnung Deutscher und Albaner, Hitler (ihr Freund brachte den aufs Tapet), die Plätze, die ich besuchte etc. Sie verstand nicht, wie man so lange und so weit wandern kann. Zu der Frau, die ich an der Türbe sich bekreuzigen sah meinte sie: Sie wird ihre Strafe erhalten. Trotz vielfältiger Musikquellen, eine davon 15m vom Zelt entfernt, schlief ich irgendwann ein.
Die Preise waren volksfesttypisch recht hoch. Dafür sah ich, dass es an der Tekke kostenloses Essen gab – war das vielleicht nur für Mitarbeiter?
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