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  • Wetter: warm; morgens bedeckt, später sonnig

    Wider erwarten war nachts kein Regen gefallen. Ich hatte schlecht und wenig geschlafen, es war noch immer ziemlich warm. Gegen sieben Uhr war ich wieder auf Achse, das Thermometer an der Zufahrt zur Insel zeigte 23°C.

    Anderthalb Stunden später war ich in Warschau. Meine höchste Geschwindigkeit dieser Reise erzielte ich auf der Geraden mit über 50 km/h im Windschatten eines LKW. Nachdem ich eine ganze Weile auf der zuletzt dreispurigen Hauptstraße in die Stadt gerollt war, ließ ich es etwas langsamer angehen. Der Tag war noch lang, zudem wollte ich etwas von der Stadt sehen. Auf einer Brücke über die ... machte ich erste Fotos von der Altstadt.

    Ich folgte der Ausschilderung zum Bahnhof und besorgte ein Ticket für den späten Nachmittag. Nach nur einer reichlichen Stunde hatte ich endlich das Gewünschte. An der Touristeninformation im Bahnhof erhielt ich eine vom Material und dem Inhalt her gute kostenlose Karte von Warschau im A4-Format.

    Nun ging es zum Stadtbummel. Ich fuhr ein Stück entlang der ... und dann in die Altstadt, in der die Kirchen dicht gesät sind. In vielen gab es mehrsprachige Informationstafeln für den wissbegierigen Touristen. An etlichen Kirchen sah ich Plakate zum Gedenken an einen jungen, vor kurzem gestorbenen Pastor.

    Auf der Pflasterstraße wurde eine Postkutsche von zwei Kaltblütern zwischen den alten Häusern entlang gezogen. Vor einer Kirche saß ein Bettler mit weißem Rauschebart, der über dem Mund vom Tabakrauch vergilbt war; auf seiner Nase saß eine dicke Brille. Gegen eins aß ich in einem netten Restaurant Pierogi.

    Die Stadt hatte zur Erfrischung der Allgemeinheit bei der großen Hitze auf mehreren öffentliche Plätzen folgende Maßnahme ergriffen: Eine abgewinkelte Platte wurde im Boden verankert und davor ein starker Wasserschlauch montiert. Das Ergebnis war ein halbrunder, in der Mitte mehrere Meter hoher Wassernebel, durch den vergnügt vor allem Kinder und junge Leute liefen.

    An Chopin erinnerten aufwendige Sitzbänke aus Stein, die Informationen in Form von Tönen, eingearbeiteter Schrift und Skizzen enthielten. Nahe bei dem Grab des Unbekannten Soldaten gelangte ich zufällig in den Sächsischen Garten, den August der Starke hatte anlegen lassen.

    Auf der Suche nach einem Buchladen bummelte ich ein zweites Mal auf teilweise bereits bekannter Strecke durch die Altstadt. Am Palast des Präsidenten war im Freien eine Fotogalerie zum Gedenken an den jüngst verunglückten Lech Kaczyńsky eingerichtet worden.

    Ich fand einen Laden für amerikanische Bücher, in dem ich Paolo Coelhos "Miss Prym and the Devil" und Philip K. Dicks "Radio Free Albemuth" kaufte. Nahebei war ein Haus, das wohl einen Studentenclub oder ähnliches enthielt. Ich ging mit meinen leeren Flaschen auf die Toilette, um sie vor der Abreise letztmalig zu füllen. Ein junger Mann fragte mich, ob ich das Wasser trinken wolle. Als ich dies bejahte, nahm er meine Flaschen und meinte, dass er sie mit besserem Wasser füllen wolle. Ich solle warten, er sei gleich wieder da. Das war er auch, ich bedankte mich und fuhr Richtung Hauptbahnhof.

    Als ich ein Foto von Warszawa Centralna machte, meinte eine Frau, die gerade aus dem Gebäude trat, dass ich ein historisches Foto gemacht habe - der Bahnhof werde bald in Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft ... umgebaut.

    Da ich noch etwas Zeit hatte, wollte ich noch kurz auf die Toilette. Mehrere (!) Frauen saßen davor; der Eintritt koste 2 Złoty. Mein kleinstes Geld war ein 20-Złoty-Schein, den sie nicht wechseln wollten oder konnten. Auf die Toilette wollten sie mich nicht lassen. Ich spielte kurz mit dem Gedanken, ihnen eine Pfütze frei Haus zu liefern - es war doch nicht mein Problem, wenn sie kein Geld wechseln konnten! Der Gedanke an mögliche Verwicklungen und den in Kürze fahrenden Zug hielt mich davon ab. Eigentlich hätte ich einfach reingehen sollen...

    Im Zug stellte ich amüsiert fest, dass die Computer der polnischen Bahn Probleme mit den diakritischen Zeichen der polnischen Sprache hatten.

    Die in Warschau gelöste Fahrkarte galt nur für den polnischen Zug, so dass ich in Frankfurt/Oder ein Anschlussticket lösen musste. Nach 2100 war natürlich kein Schalter mehr besetzt. Der Fahrkartenautomat sagte mir, dass für die zeitnaheste Verbindung kein Fahrschein gedruckt werden kann, da die Verbindung Fremdnetze (oder Drittanbieter oder so ähnlich) beinhalte, immerhin konnte ich ihm den Verbindungsplan entlocken. Da die Deutsche Bahn seit einiger Zeit in ihren Nutzungsbedingungen vorschreibt, dass Züge des RegionalExpress nur noch mit gültigen Fahrscheinen betreten werden dürfen, freute ich mich ungemein auf das nächste Abenteuer mit der DB.

    Der Zugbegleiter im "Fremdnetz" war sehr hilfsbereit. Er beriet mich ausführlich und tippte dann lange auf seinem Taschencomputer herum, bis er das passende Ticket für mich herausgefunden hatte. Da meine Bargeldreserven ziemlich erschöpft waren, reichte ich ihm zum Bezahlen meine EC-Karte, die das Gerät auch nach mehreren Versuchen nicht akzeptierte. Es stellte sich heraus, dass es eben keine EC-Karte war, das entsprechende Logo fehlte. Toll! Ein Hoch auf HighTech und Interoperabilität! Der ZUB meinte, wenn ich das Ticket in Görlitz löse, würde ich eh genau soviel bezahlen.

    Kurz nach Mitternacht erreichten wir diese Stadt. Ich suchte und fand einen Sparkassenautomat in der von Bauarbeiten verwüsteten Fußgängerzone. Dann bummelte ich ein bisschen durch Görlitz und fand doch tatsächlich eine Bar/Kneipe/Gaststätte, die noch offen war. Eine Handvoll Leute saß an dieser milden Nacht an einem Tisch auf dem Fußweg. Für mich war auch noch Platz, sogar ein Teller Kesselgulasch wurde noch aufgetrieben! Daheim nachgeschlagen, da ich die Visitenkarte verbummelt habe: es war sehr wahrscheinlich der ...

    Da der Anschlusszug erst gegen 0430 gehen sollte, hatte ich genügend Zeit, ein paar Fotos vom Bahnhofsgebäude und der Halle bei Nacht zu machen. Langsam wurde ich doch müde. Kurz nach 0500 stieg ich das letzte Mal um.

    Als ich in Freiberg aus dem Bahnhof trat, blick ich erschrocken stehen: die City-Markthallen, frühere PaMa-Gebäude, waren zur Hälfte abgerissen. Von dem Vorhaben hatte ich gehört; es aber unvorbereitet zu sehen war doch etwas anderes. Auf dem Heimweg dokumentierte ich noch die platzsparend angebrachten Poller auf einem Radweg.

    07:03:17 schickte ich die letzte SMS an Twitter: So. Geduscht und fertig zum Matratzenhorchdienst.

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