Adria mit kleinem Schiff vor Korfu
Trotz des langen Abends war ich früh munter. Auf dem Weg in die Neustadt füllte ich an einem in den letzten Tagen entdeckte Brunnen meine Wasserflaschen auf. Dann probierte ich meine EC-Karte erfolglos an allen Geldautomaten. Ich kaufte noch etwas Essen ein, frühstückte, schrieb Tagebuch und gab einer im Müllcontainer wühlenden alten Zigeunerin die 400g-Konservendose mit Fleisch. Die Dose hatte zu dem Verpflegungspaket der Bauern aus Frashër gehört, aber ich konnte sie nicht sinnvoll verwerten.
Am Busbahnhof wartete der nächste Furgon nach Sarandë auf mich als letzten Fahrgast. Die Fahrt in der Ebene war recht zügig, auf der Serpentinenstraße über die Berge wurde das Tempo den Straßenbedingungen angepasst. Ich fühlte mich gut aufgehoben. Der 2-3jährige neben mir hing während eines großen Teils der Fahrt an der Brust seiner Mutter und hielt dabei zeitweise meine Hand. Für die Fahrt waren 300 Lek zu entrichten.
In ging ich Sarandë unverzüglich gen Ksamil, konnte erstmals einen Blick auf die albanische Küste werfen und sammelte dabei Daten für OSM. Die Stadt war sehr schlecht kartiert. Von einem Bar- und Hotelbetreiber wurde ich angerufen und zu Wasser und Kaffee eingeladen. Eine Zeit lang unterhielt ich mich mit ihm und einigen Jungen. Dann ging ich weiter durch die Betonwüste teils unfertiger, teils leerstehender Hotelbauten. Am Stadtrand wurde ich von einer Polin angesprochen. Sie lebte hier von der Zimmervermittlung an Touristen. Das Wandern an der Straße war wenig erbaulich. Die Sonne schien ordentlich und es gab keinen Schatten. Der Verkehr war relativ stark – unter anderem führt die Straße zum archäologischen Touristenziel Butrint weiter im Süden und entlang der Küste nach Griechenland.
Da das Ufer bei Manastir offensichtlich Privatgrund und im Ort kein Minimarkt vorhanden war, wie mir ein Maiskolbenröster sagte, ging ich weiter Richtung Ksamil. Kurz zuvor sprach mich ein Taxifahrer an – teils auf deutsch – ob er mich nicht zu Touristenattraktionen fahren soll und meinte schließlich, warum ich im Urlaub soviel laufe.
1,5 km vor Ksamil fand ich in einem Olivenhain einen schattigen Platz unter einer Gruppe Kiefern. Dort saß ich lang, sinnierte und entspannte mich. Gegen 15:00 kletterte ich durch die Felsen ins glasklare Wasser des Ionischen Meeres und schwamm ein wenig. Die Sandalen hatte ich im Andenken an die Seeigel vor zwei Jahren und des felsigen Untergrunds anbehalten. Nach dem Schwimmen baute ich das Zelt im Schatten der Kiefer auf. Den Platz hatte ich so glücklich getroffen, dass das Zelt den ganzen Tag im Schatten stand. Durch den Schatten und den ständigen leichten Wind war die Temperatur sehr angenehm. Am Abend gab es einen schönen Sonnenuntergang.
Am nächsten Tag ging ich morgens nach Ksamil, um ein paar Lebensmittel zu besorgen. Der Pfad aus dem Olivenhain mündete in einen "Campingplatz", der aus einer geschotterten Fläche mit einer kleinen Kiefer bestand. Dort traf ich drei Österreicher – ein junges Paar und einen alten Grantler. In Ksamil konnte ich einen Geldautomaten überreden, ein paar Scheine auszuspucken. Beim Rückweg durch den Olivenhain traf ich auf eine Herde Ziegen, deren Hirt ich nicht sah – im Gegensatz zu deren Hütehund. Ich schritt langsam, aber mutig weiter trotz seines zunehmenden Knurrens. In seiner Nähe blieb ich stehen, sprach ihn an, hockte mich auch hin dazu – und konnte ihn streicheln…!
Den Rest des Tages verbrachte ich lesend oder beobachtend am Ufer oder schwimmend im Meer.
Tags darauf ging es in meinem Lager beinah hektisch zu: Eine Kuhherde und zwei Ziegenherden liefen vorbei, zwei Schnorchler schwammen vorbei und ein Mann, der ein paar Dutzend Meter entfernt einen Tag am Meer verbrachte bat mich um Feuer. Später brachte er mir neben dem Feuerzeug einen gerösteten Maiskolben zurück.
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