(in den Daten von Tag 22 enthalten)
Im Flughafen sah ich in Begleitung von Flugpersonal wieder das Mädchen mit dem roten Haarband. Welche Geschichte spielte sich hier wohl ab? Am Gepäckband konnte ich den Packsack bald in Empfang nehmen, das Fahrrad wurde erst einige Zeit später mit etwas lädierter Umhüllung von Flughafenpersonal herbei gebracht. Der Ausschilderung zur Bahn folgend fand ich mich bald am Bahnsteig. Laut Fahrplan würde die nächste Bahn erst in etwa einer Stunde fahren. In Freising - per Bus zu erreichen - könnte ich eine Stunde früher abreisen. Also fuhr ich mit der Rolltreppe wieder nach oben und fand mit mehr Glück als Verstand die richtige Bushaltestelle. Der Bus kam etwas verspätet, ansonsten hätte ich ihn gar nicht erreicht.
Ich stieg hinten nach dem Schwenkbereich ein. Kaum war ich drinnen, hörte ich einen bayrischen Grantler. "Wie bitte?" fragte ich. "Du fährst hier nicht mit mit deinem Fahrrad!" formulierte der Busfahrer etwas deutlicher. Ich dachte 'Willkommen zurück in Deutschland!'. Na, vermutlich hätte ich ihn als einziger Fahrgast beim Schlafen gestört. Also ließ ich den Grantler seinen Bus leer weiterkutschieren und fragte am Taxistand, wie ich denn am besten mit dem Fahrrad nach Freising komme. Das gab lange Gesichter: "Wir fahren immer Autobahn...", was anderes konnte man mir nicht sagen. Bloß gut dass Taxifahrer eine Ortskundeprüfung machen, dachte ich. Eine teure Taxifahrt wollte ich mir nicht leisten, wer weiß, ob ich dann noch die Bahnfahrkarte lösen könnte. Also machte ich das Gleiche wie die Taxifahrer, nur preiswerter: ich nahm die Autobahn Richtung Freising. Hier in Deutschland war das Wetter übrigens grau, kühl und nieselregnerisch.
Die rund 13 km nach Freising fuhr ich sehr flott, Übung hatte ich ja. Die Strecke war schön eben, es ging gut voran. Kurz vor Freising überholte mich der Grantler mit seinem Bus. Am Bahnhof angekommen ging ich zum nächsten Ticketautomaten und löste ein Wochenendticket - für dreißig Euro! Hätte ich früher daran gedacht, hätte ich nicht ganz so sehr knausern müssen. Egal, dafür war es nun zu spät. Nachdem ich das Ticket aus dem Schlitz geangelt hatte und auf den Bahnsteig trat, sah ich gegenüber den Zug abfahren. Prima.
Nun hatte ich wenigstens Zeit, "in Ruhe anzukommen". Bei einem Bäcker kaufte ich etwas süßes Gebäck, in der Bahnhofsbuchhandlung das obligatorische Buch. Dort zahlte ich mit einem Geldschein aus dem Brustbeutel, der von Schweiß durchtränkt und vom Leder verfärbt war. Mag eklig klingen und auch sein, aber ich war stolz drauf. Ich meinte zu der Verkäuferin: "Den habe ich auf dreitausend Kilometern durchgeschwitzt, den können Sie sich an die Wand hängen.".
Dann setzte ich mich auf den Bahnsteig, aß mit Genuß das Gebäck, las und wartete auf den nächsten Zug. In Nürnberg wollte ich mit etwas Herzhaftem meinen Hunger stillen. Da mir die Preise der Geschäfte im Bahnhof zu hoch waren, radelte ich auf gut Glück in die Stadt und fand auch bald eine Dönerbude. Ich glaube das war das erste Mal, dass ich vor elf Uhr einen Döner aß.
Während der Weiterfahrt wurde der Zug ordentlich voll. Bei einem weiteren Aufenthalt erfuhr ich, dass heute in Bayern Ferienanfang war. Na denn. Der Zug von Hof nach Chemnitz brechend voll. Die Fahrräder standen so dicht gedrängt, dass ein Durchkommen nicht mehr möglich war. (Die Fotos in der Bahn hat ein Mitreisender gemacht und mir später freundlicherweise zugemailt.) Der Schaffner meinte: "Machen Sie bitte einen Durchgang frei!" - ja, wie denn? In mehreren Bahnhöfen konnten Leute nicht einsteigen, weil einfach kein Platz war. Zweimal wurde durchgesagt: "Bitte treten Sie von den Türen zurück, da diese sonst nicht schließen können und die Weiterfahrt nicht möglich ist.".
In einem anderen Zug setzte ich mich auf die Treppe vor einem Einstieg und schlang einen Arm um das Geländer. Gegenüber saß eine junge Frau und las ein Buch, das ich vor kurzem selbst erste gelesen hatte, "Die Spur des Windes(?)". Den Anfang fand ich faszinierend, die Geschichte interessant, das Ende etwas schwach. Letzteres verriet ich natürlich nicht. Trotz des unbequemen Sitzplatzes nickte ich ein.
Irgendwann kam ich in Freiberg an und radelte die letzten Kilometer nach Hause. Ich bat einen Nachbarn, ein Foto von meiner Ankunft zu machen, was er gern tat.
Übrigens: 16:38 wurde das letzte Foto gemacht, gegen 22:00 musste ich wieder an der Arbeit sein.