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stag = 124.67 sges = 2.532,94 km

t = 7:19:07 vmax = 49,7 km/h

Wetter: den ganzen Tag blauer Himmel mit sehr wenigen Wölkchen, durch den kräftigen Wind war die Hitze nicht zu stark. Meine Armbeugen verbrannten trotz intensiver Bräunung noch mehr.

Was sehr selten ist: in der Nacht hatte ich geträumt - und ich konnte mich noch daran erinnern. Der eine Traum war völlig abstrus und hatte keinerlei Bezug zu in der letzten Zeit Erlebtem, an einen zweiten Traum erinnerte ich mich nur noch verschwommen.

Der Tag begann wunderbar: Es wehte leichter Rückenwind, die schwache Steigung bergauf radelte ich mit ~ 27 km/h, die Straße war noch immer so gut wie gestern.

Vor der nächsten Stadt lag ein Grundstück eines größeren Unternehmens an der Straße, aus unerfindlichen Gründen ließen sie einen agressiven Köter frei laufen. Es gab das übliche Programm: Vollbremsung, Anschreien, Versuch loszufahren. Da das Vieh hinterherlaufen wollte, wieder anhalten, ein paar Steine aufheben und knapp am Hund vorbeiwerfen. Das schien ihm als Demonstration meiner Überlegenheit zu reichen...:/

Da ich wieder ein paar kleinere Straßen fahren wollte, bog ich in Babaeski nach Süden ab. Ein Polizist, der mit einem Maschinengewehr an einer Ecke stand bestätigte mir, dass diese Straße Richtung Hayrabolu führte. Den Name des nächsten Dorfes - Nadirli - fand ich niedlich. Das klang so schön nach sächsischem Vogtländisch... :)

Da meine Karte einen recht kleinen Maßstab hatte, musste ich öfter nach dem Weg fragen, Auskunft wurde immer bereitwillig gegeben. In einem Dorf wurde ich auf einen Tee eingeladen, den ich leider ablehnte: so früh am Tag wollte ich noch nicht "trödeln". Kurz zuvor war ich an einem alten Mann vorbei gefahren, der dorniges Gestrüpp im Straßengraben verbrannte und das Feuer mit einer hölzernen Gabel schürte . Obwohl ich auf der anderen Straßenseite fuhr, spürte ich die große Hitze des Feuers.

In Hayrabolu bestellte ich in einer kleinen Gaststätte Lahmacun. Der Chef und die Angestellten musterten mich interessiert und fragten, woher ich komme, wohin ich fahre und wie es mir in der Türkei gefalle. Ich beantwortete alle Fragen, die letzte mit wahrheitsgemäßem: "Sehr gut." Nach dem Essen trank ich einen in Hayrabolu hergestellten Becher Kefir. Als ich zahlen wollte, lehnte der an der Kasse sitzende Chef ab: Ich sei sein Gast gewesen! Ein Trinkgeld wollte er auch nicht annehmen. Sehr angenehm berührt verbeugte und verabschiedete ich mich.

Die Straße führte Richtung Südosten und bergauf, der Wind kam nun schräg von vorn. Als ich die Bergkuppe erreichte, konnte ich ihn in seiner ganzen vollen Stärke genießen. Von hier oben war die Straße weithin zu verfolgen. Sie lag in der prallen Sonne und führte noch mehr in Richtung Osten - in den Wind hinein... Ich war bedient und machte eine Pause mit (Vor)Mittagsschläfchen. An dem Platz warteten unter anderem zwei Männer mit Erntewerkzeug, die nach einiger Zeit auf die Pritsche eines haltenden Transporters sprangen. Hier befand sich auch eine Wasserpumpe, die eine ziemlich trübe Brühe förderte. Wie an dieser sah ich an vielen öffentlichen Pumpen und Brunnen eine Tafel über den Erbauer der Wasserstelle. Bevor ich wieder aufbrach, befeuchtete ich damit meinen Hut. Nun hatte ich zum ersten Mal wirklich anhaltenden Gegenwind. Grob geschätzt wehte er mit 40-50 km/h.

Bei Kilometer 4000 wurde ich wieder gestochen - zur Abwechslung in den rechten Ringfinger. Beim ganz normalen Fahren prallte eine Biene gegen die Hand, rettete sich ins leicht geöffnete Handinnere... => wieder Knoblauch.

Die Gegend war sehr ländlich, die Felder waren meist sehr klein. Zum ersten Mal sah ich ein Melonenfeld (links). Auch wenn es heißt, dass in den südlichen Ländern zur heißen Mittagszeit Siesta gemacht wird, arbeiteten trotzdem einige Leute zu dieser Zeit auf den Feldern.

Nachdem ich mich einen Berg auf anscheinend endlosen Serpentinen nach oben gekämpft und als dokumentarischen Beweis des starken Gegenwindes ein im Wind pendelndes Verkehrsschild aufgenommen hatte, tauchte plötzlich das Meer vor mir auf. Ich war von dem Anblick überwältigt und machte einige Bilder. Irrtümlich nahm ich an, dass das Mittelmeer vor mir liegt. Erst später wurde mir bewusst, dass zwischen Bosporus und Mittelmeer das Marmarameer liegt.

In Tekırdağ suchte ich wieder nach einem Ladegerät für die Kamera. Von einem Geschäft wurde mir ein Junge mitgeschickt, der mich zu einem anderen Laden begleiten sollte, wo man mir helfen könnte. Wir gingen auf den überfüllten Fußwegen, das Fahrrad schob ich. In dem Laden gab es auch nur Universalnetzteile, aber ich dachte dass es keinen Unterschied mache, wenn ich die Kamera mit 0,2 Volt weniger als angegeben lade. Ich fragte den Verkäufer, ob ich die Kamera für zwei Stunden bei ihm im laden lassen könne. Er schaute etwas verdutzt, hatte aber nichts dagegen.

Nun sah ich mir die Stadt etwas genauer an. Die meisten Läden waren ziemlich klein, Süßwaren nicht viel preiswerter als bei uns. Für den kleinen Hunger kaufte ich einige und verzehrte sie kurz darauf. Ich leistete zwei etwas abgerissen aussehenden Männern (oder sie mir) Gesellschaft, die auf ein paar wackligen Brettern saßen, die einmal ein Verkaufsstand waren. Es gab das übliche Gespräch, die man mit einem Reisenden führt, dann pries einer der Männer die deutschen Fußballer. Sie boten mir Bier aus ihrer Flasche an. Ich lehnte dankend ab, bereute dies aber kurz darauf. Zum Einen bekam ich Appetit auf Bier, zum Anderen hätten sie mir nichts angeboten, wenn sie es nicht hätten geben wollen. Beide Seiten wären sicher glücklicher gewesen, hätte ich angenommen.

In einem kleinen Geschäft mit Backwaren wollte ich ein Brot kaufen. Ich ging durch die offene Tür, in der ein Perlenvorhang hing. Die Verkäuferin schaute mich verdutzt an, eine Kundin auf der Straße lachte - und ich bemerkte erst jetzt, dass der Verkauf durch das offene Fenster stattfand. Ich nahm zwei runde Laibe zu je einem Pfund. Das Brot duftete himmlisch und schmeckte auch so. Als ich am Abend davon aß, musste ich mich zügeln, um nicht alles auf einmal zu verzehren.

Danach kaufte ich in einem kleinen Supermarkt, was ich noch an Verpflegung benötigte. Im Anschluss setzte ich mich an einem kleinen schattigen Platz auf eine Bank und aß eine der soeben erstandenen Birnen. Die anderen hier Sitzenden musterten mich natürlich, was ich mit innerlichem Grinsen quittierte - sollen sie doch! :P

Ein gepflegt aussehender Mann setzte sich zu mir. Er fragte, ob ich einen Tee wolle und rief auf meine Bejahung einem Kellner die Bestellung zu, worauf dieser ein Gläschen aus einem am Platz gelegenen Teehaus brachte. Der Mann wollte natürlich auch über das Woher, das Wohin und meinen Eindruck von der Türkei Bescheid wissen, wovon ich ihm gern erzählte. Er wurde wieder in seinen Friseursalon gerufe. Bevor er ging, stellte er mir einen seiner Freunde vor, der gerade zu uns stieß. Wir unterhielten uns, dabei kam heraus, dass er ein paar Meter weiter ein Internetcafé betreibt. Von dort wollte ich gern noch einmal online von mir hören lassen, bevor es wieder nach Hause ging.

Zuvor wollte ich aber meine Kamera holen, um die Bilder auf den Stick zu kopieren und einige hochzuladen. Ich fuhr langsam die steile Straße hinunter und fand das Geschäft problemlos wieder. Die beiden Verkäufer schienen bedrückter Stimmung zu sein. Sie legten die Kamera auf die Theke und drückten aus, dass sie nicht geladen werden konnte. Ich versuchte vergebens, sie anzuschalten. Unauffällig schnupperte ich nach eventuellen Schmorschäden, roch aber nichts dergleichen. Ich wollte selbst noch einmal das Ladegerät ausprobieren. Ich schloss die Kamera an, die Lade-LED blieb aus... Bakschisch für die Mühe wollten die Verkäufer nicht annehmen.

Im Internetcafé richtete ich schnell Programme für IRC und FTP ein, unterhielt mich ein wenig mit Freunden und ludt etwas Text und ein paar Bilder vom Stick hoch. Einer der Cafébesucher spendierte mir Kekse, der Inhaber schenkte gekühlte Limonade aus. Zum Abschied tauschten wir unsere Emailadressen. Bezahlung wollte er unter keinen Umständen annehmen. Übrigens war die Toilette sehr interessant - aber zum Glück westeuropäisch. =)

Ein paar Kilometer weiter lag ein Einkaufszentrum, wo ich - wieder einmal - versuchen wollte, ein Ladegerät für meine Kamera zu erstehen. Ich fand auch ein gut sortiertes Geschäft mit vielen Digitalkameras, auch von Fuji - aber allen Geräten lag kein Steckerladegerät, sondern eines zum Laden der Akkus bei. Keines passte zu dem Akku meiner Kamera - großartig! Im Stillen verfluchte ich Fuji für diese Geschäftspolitik. So kaufte ich zwei Einwegkameras, um nicht gänzlich ohne Bilder von Istanbul zurück reisen zu müssen.

Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, also klemmte ich die Leuchten ans Fahrrad, um gesehen zu werden. Nun ging es weiter gegen den Wind berauf und bergab, wobei ich versuchte, in der zunehmenden Dunkelheit rechts der Straße mögliche Übernachtungsplätze zu erspähen. Dieser Streifen zwischen Straße und Meer war dicht bebaut, so dass ich umsonst etliche Umwege fuhr. Durch Zufall fand ich zu guter Letzt ein schönes Fleckchen, an dem ich bleiben konnte. Das Lager war schnell errichtet: Zwischen zwei Bäume eine Schnur gespannt, das Moskitonetz daran gehängt, die Matte ausgerollt, den Schlafsack darauf und die Taschen daneben gestellt.

Um ans Meer zu gelangen, musste ich nur fünf Meter vertikal und zehn Meter horizontal überwinden. Das Wasser war warm und - beim Schein der Kopfleuchte betrachtet - ziemlich schmutzig und voller Seetang. Ich vermutete, dass beides durch das stark bewegte Wasser aufgewühlt worden war. Die Kopflampe schaltete ich wieder aus, es war auch so hell genug. Das Waschen war nicht trivial, da ich darauf achten musste, dass mir weder ein Stück der Kleidung noch das Wachmittel davongespült wurde. Damit die Angelegenheit nicht zu einfach wurde, befanden sich auf dem unebenen Grund sehr viele teils mit scharfkantigen Muscheln bewachsene Steine. Als ich mit der Wäsche fertig war, warf ich sie auf einen niedrigen Strauch und wusch mich selbst. Am Schluss war ich glücklich, nichts verstaucht oder gebrochen zu haben, von ein paar kleinen Schnittwunden an den Füßen abgesehen.

Zurück am Lagerplatz spülte ich die Sachen und mich mit Trinkwasser aus den Flaschen ab. Dann aß ich endlich zu Abend, schrieb gegen halb elf ein wenig Tagebuch und hatte endlich Feierabend. *ächz*