Tal von Val mit Tauteich vor Bergen
Do, 14.08.2014
28,3 km
Wetter: Sonnig
Mein Schlaf war ein unruhiger und ich war zeitig wach. Nach einem halben Liter grünen Tee zog ich wieder los und erklomm 400 Höhenmeter, bevor ich frühstückte. Der Blick in die Schlucht war sehr schön, auch wenn das Gegenlicht für Fotos nicht gut war. Aber schon bevor die Sonne in die Schlucht schien, hatte ich heftig geschwitzt. Das T-Shirt wrang ich mehrmals aus, der Hüftgurt hatte sich auch vollgesogen. Zum Frühstück aß ich Kuchen mit Brot, da die Reserven ziemlich geschrumpft waren. Vor Val rastete ich bei Pflaumenbäumen und aß wohl zwei Pfund gelbe Pflaumen. Beim Herunterschlagen und -werfen der Pflaumen hatte ich den Trekkingstock auf Baum platziert. Nachdem ein Mann auf einem Maultier vorbeigeritten war, warf ich den Stock mit Steinen herunter.
Im zweiten bewohnten Haus bat ich um Wasser. Die Frau schien nicht sehr erfreut, füllte mir aber eine 1,5l-Flasche mit nach Rauch schmeckendem Wasser und gab mir den Rat, bei einem anderem Haus zu fragen [nicht: Pflaumen zu essen? siehe Papier-tgb – shpi].
Wohl alle Häuser in dem Tal gehören zu Val, sicher ein Drittel bis die Hälfte waren nur noch Ruinen. Auch ein Bewässerungskanal aus u-förmigen Betonstücken lagen trocken und zerfiel, die Strommasten standen schief und krumm, teilweise zerborsten und ohne Stromleitung herum. Obwohl der Boden des ganzen Tals recht fruchtbar schien, sah ich keinen natürlichen Wasserlauf. Die umrahmenden Berge waren steil, felsig und malerisch.
Gegen Ausgang des Tals saß ein betagtes Ehepaar am Wegrand und lud mich ein, mit ihnen Melone zu essen. Da ich nicht bemerkt hatte, dass das mir gereichte Stück bereits fertig geschnitten war, ließ ich die Stücke ungeschickterweise fallen und bekam neues gereicht…
Dieses schnitt ich mit dem Taschenmesser zurecht, das der Alte hingerissen wie ein kleiner Junge beäugte. Er fragte mehrmals, ob ich zwei davon habe. Ich kramte das mein kleines Ersatzmesser hervor und reichte es dem Mann. Er war hoch erfreut: "Faleminderit, Faleminderit, Faleminderit!" Dann fragte mich die Frau, ob ich Brot brauche. Das Angebot nahm ich dankend an, mein Vorrat war auf zwei Scheiben geschrumpft. Ich bekam auch noch drei Stück geräucherten Käse, der köstlich schmeckte. Ich bat darum, ein Foto machen zu dürfen – ich durfte. Ich gab ihnen einen Satz meiner Postkarten. Dann aß ich auch noch die herabgefallenen Melonenstückchen, nachdem ich sie geputzt hatte. Wir verabschiedeten uns herzlichst voneinander. Bald darauf begegnete ich einem Hirt mit – seiner Auskunft zufolge – 400 Ziegen.
Der Weg führte weiter zwischen felsigen Bergen und bog nach Süden ab. Linkerhand waren zwei Höhlen zu sehen. Die erste wurde offenbar als Stall genutzt, obwohl sie weit oben lag, die zweite war ein schmaler Schlitz. Der Fluss (oder eher ein großer Bach), den ich vom Luftbild abgemalt hatte, verschwand tatsächlich in dem Berg. Derzeit führte er wenig Wasser und versickerte gleich zu Beginn der Höhle. Ich ging etwa 170m weit hinein bis zu einer Stelle, an der ein Schacht nach oben führte. Beeindruckend fand ich die Wand aus angespültem Erdreich im ersten Dom.
[Skizze Shpella e Valit]
Draußen hatte sich ein albanischer Junge angefunden, der im Wasser planschte. Meine Frage nach dem Name der Höhle verstand er wohl nicht, aber auf "Shpella i Val" (Höhle von Val) antwortete er mit "po" (ja). Maultierreiter, die mir entgegenkamen, verstanden die Fragen "Emri i shpella" (Name der Höhle) und "Si quhesh shpella" (wie heißt Höhle) nicht… Im Backpacker-Hostel in Tirana blätterte später ich in einem sehr schönen teuren Fotoband über Höhlen nahe Tirana; dort war die Höhle auch einfach "Höhle von Val" genannt. Auf albanischen topografischen Karten steht "shp. [shpella] Valit", also Höhle von Val. Die von Grundmann mit einem POI markierten drei Höhlen werden auch als Stallung genutzt. Ich wanderte durch das interessant geformte, eher flache Land, füllte an von einer von Grundmann vermerkten "Kleinquelle" alle Flaschen auf und folgte meiner Route.
Ich fotografierte die verfallenden Kasernen von Bizë aus der Ferne. Der Stausee war ganz hübsch. Das Auf und Ab durch die Berge zog sich hin, an den Wegrändern wuchsen sehr viele Him-, Brom- und Walderdbeeren. Nach Verlassen des Waldes gab es wieder schöne Aussicht: Rechterhand war ein schroffer Berggipfel umgeben von Hügeln, nach links zog sich ein Tal. Oberhalb des Dorfes Rinas verfehlte ich etliche Male den Weg, dann zeigte mir hilfreicher Mann den "falschen" – zumindest einen von meiner Route abweichenden Weg.
Als ich das bemerkte, war ich schon zu weit talwärts gestiegen, um wieder aufwärts kraxeln zu wollen. Ich eilte also weiter bergab auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz. 19:00 schlug ich schließlich auf einem leerem kleinen Acker nahe des Pfads das Zelt unter einem Pflaumenbaum auf und kochte zeitgleich Tee. Dann verwertet ich alle restlichen Nudeln und erhielt eine dicke Suppe von 600ml, war aber trotzdem nicht überfressen. Im Dunkeln wusch ich an einem den Weg kreuzenden Bach den Topf, mich und das schweißgetränkte T-Shirt.
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