Stammkundschaft und Lieblingsessen
Ich arbeite in einer kleinen Stadt, die zu Recht -dorf am Ende ihres Namens stehen hat.
Heute will ich über zwei Stammkundinnen schreiben.
Vor einigen Jahren erzählte mir Frau R, dass jemand im Supermarkt seinen Hackenporsche mit ihrem vertauscht hatte. Dumm, dass Frau R ihren Hausschlüssel darin hatte. Da ich den Supermarkt mit anderer Stammkundschaft regelmäßig besuchte bot ich ihr an, nach ihrem Hackenporsche zu schauen.
In der Tat sah ich ihn wenige Tage später im Supermarkt stehen. Schnell schrieb ich ein kurze Nachricht auf einen Zettel und steckte ihn in den Hackenporsche.
Bald darauf hatte die Frau R ihr Gefährt und den Schlüssel zurück. Sie sagte zu mir: “Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll!”
Meine Antwort: “Sie können mich ja mal zu ein paar Klitschern[1] einladen.”
Sie darauf: “Das mach ich doch glatt!”
Sie und ihre Tochter habe ich wohl drei Mal darauf angesprochen, aber es blieb bei dem leeren Versprechen.
An diese Episode wurde ich kürzlich erinnert.
Von einem altersgerechten Wohnblock sollte ich eine Fahrt ins Krankenhaus machen. Stammkundin Frau W wohnt dort im Erdgeschoss. Da wir uns gut verstehen und ein Fenster offen stand, rief ich auf gut Glück: “Guten Morgen Frau W!”
Sie antwortete von drinnen: “Ach, der Herr malenki! Einen schönen guten Morgen! Ich mache gerade Klitscher, wollen Sie einen haben?”
Ganz entgegen meiner Gewohnheit, mich im Dienst nirgendwohin einladen zu lassen und mit leicht schlechtem Gewissen wegen des nächsten Fahrgasts sagte ich zu. Die fünf Minuten waren sicher drin.
Frau W ist auch eine herzensgute Frau über 80, die sich seit Jahren liebevoll um ihren behinderten Mann kümmert. Sicherlich freut sie sich über etwas Gesellschaft außer der Reihe - und wer aus ganzem Herzen etwas verschenkt, freut sich oft mehr über das Schenken als der Beschenkte.
Der Klitscher war wirklich köstlich, was ich ihr wiederholt sagte und mich mehrmals dafür bedankte. Einen zweiten packte sie mir noch ein.
[1]
Klitscher, auch Grüne Keulchen, sind ursprünglich ein Arme-Leute-Essen aus dem Erzgebirge. Sie werden hauptsächlich aus rohen geriebenen Kartoffeln gemacht, mit Salz, Kümmel und Zwiebel abgeschmeckt und in Leinöl gebraten.